Abnäher, Absteppen, Besatz, Einfassen…das Lesen einer Nähanleitung kann manchmal verwirrend sein. Eigentlich möchtest Du Dir nur ein Kleidungsstück nähen und dann steht das etwas von “verstürzen” und Du bist Dir unsicher, was Du machen sollst. Viele weichen auf “einfach zusammennähen” aus und belassen es dabei. Aber was will die Nähanleitung wirklich von Dir?
Begriffe in einer Nähanleitung
Damit Du die nächste Nähanleitung besser verstehst, erkläre ich Dir 10 Begriffe, die in fast jeder Nähanleitung vorkommen.
1. Abnäher
Abnäher sind keilförmige Nähte, die ein Kleidungsstück in Form bringen. Sie sind bereits in das Schnittmuster eingezeichnet, werden aber nicht aus dem Stoff ausgeschnitten.
Nach dem Zuschneiden werden sie mit der Schneiderkreide oder einem Trickmaker auf den Stoff übertragen. Anschließend wird das Stoffteil so gefaltet, dass die Abnäherlinien aufeinandertreffen. Dabei liegt die rechte Stoffseite innen. An der Stoffkante beginnend wird dann der Abnäher genäht. Der Nahtanfang wird mit Rückschritten gesichert, das Nahtende läuft in der Abnäherspitze möglichst flach aus. So werden unschöne “Tüten” verhindert. Die Naht selbst bekommt dabei eine leicht gebogene Form und wird nicht schnurgerade genäht. Der Faden an der Abnäherspitze wird mit der Hand verknotet.
Nach dem Nähen werden die Abnäher bei Röcken oder Hosen immer zur Körpermitte gebügelt. Die gilt für alle Abnäher, die längs zum Körper verlaufen. Bei Oberteilen, an denen die Abnäher quer zum Körper verlaufen, werden sie nach unten gebügelt.
2. Absteppen
Absteppen bedeute an Nähten oder Kanten entlang zu nähen, um diese zu betonen. Dabei unterscheidet man zwischen schmalem und breitem Absteppen.
Bei dem schmalen Absteppen verläuft die Absteppnaht knapp 2 mm neben einer Kante. Soll breiter abgesteppt werden, verläuft die Naht 0,5 cm, 1 cm oder mehr neben der Kante. Um den Abstand bei einem breiteren Absteppen messen zu können, kann das Nähfüßchen, die Markierungen auf der Stichplatte der Nahmaschine oder ein Kantenlineal zur Hilfe genommen werden.
3. Besatz
Der Besatz oder auch Beleg bezeichnet das kleine Stücken Stoffen, das bei Kleidungsstücken an Verschlüssen oder Ausschnitten innen liegt. Er wird bspw. an Ausschnitte genähte, um diesen eine gewünschte Form zu geben.
Dabei wird der Besatz oder Beleg rechts auf rechts auf den Ausschnitt gelegt und angenähte. Anschließend wird er nach innen gebügelt und meist knappkantig abgesteppt.
4. Bund oder Formbund
Der Bund und der Formbund bilden den Taillenabschluss an Hosen und Röcken. Der Unterschied zwischen einem Formbund und einem normalen Bund ist bereits beim Zuschneiden erkennbar.
Während ein Formbund die geschwungene Form der Oberkante des Kleidungsstückes fortführt, wird ein einfacher Bund als gerader Streifen zugeschnitten.
Der Formbund gibt einem Kleidungsstück mehr Form und schmiegt sich an den Körper, der Sitz eines Kleidungsstückes wird so verbessert.
Je nach Figur ist der eine oder der andere Bund besser geeignet.
5. Einfassen
Das Einfassen bezeichnet das Annähen von Schrägbändern oder Schrägstreifen. Diese werden um die Kante gelegt und fassen sie so ein. Die Kante, die eingefasst werden soll, wird immer ohne Nahtzugabe zugeschnitten.
Wie Du etwas mit Schrägband einfassen kannst, erkläre ich Dir in meinem Video “Ein Saum mit Schrägband einfassen”
6. Einhalten
Das Einhalten bezeichnet das reduzieren einer Mehrweite.
Ein Stoffteil ist also etwas weiter als das anderen. Diese Mehrweite muss reduziert werden, um die beiden Teile faltenfrei zusammennähen zu können. Der Bereich, der eingehalten werden soll, ist in Schnittmustern gekennzeichnet.
Am einfachsten funktioniert das Einhalten, wenn die zu reduzierende Strecke mit großen Stichen gesteppt wird. Anschließend wird der Unterfaden festgehalten und der Stoff wird vorsichtig und gleichmäßig zusammen geschoben bis die Stecke die gewünschte Länge hat.
7. Kräuseln
Das Kräuseln, auch Einkräuseln oder Einreihen genannt, bezeichnet das Raffen einer Stoffbahn. Hier wird ähnlich vorgegangen wie beim Einhalten. Die Stoffbahn wird mit großen Stichen gesteppt. Anschließend wird der Unterfaden festgehalten und der Stoff wird vorsichtig zusammengeschoben bis die Strecke die gewünschte Länge hat. Der Faden wird verknotet und die Fältchen werden gleichmäßig verteilt.
8. Einlagen
Einlagen werden zur Verstärkung von Stoffen benötigt. Hier gibt es für jede Stoffart eine spezielle Einlage. Ebenfalls sind Einlagen in unterschiedlichen Farben erhältlich, um nach der Verarbeitung nicht mehr aufzufallen. Der bekannteste Hersteller für Einlagen ist Vlieseline.
9. Falten
Falten sind etwas, das wir alle an unseren Kleidungsstücken eigentlich nicht haben wollen. Aber es gibt auch Falten, die gut aussehen und gewollt sind. Hierbei handelt es sich um einseitige Falten, Kellerfalten oder Quetschfalten.
Falten werden in Schnittmustern in der Regel mit zwei Linien und einem Pfeil gekennzeichnet.
Eine Line bezeichnet den Faltenbruch, die andere den Faltenanstoß und der Pfeil (Faltentiefe) gibt an, in welche Richtung die Falte gelegt werden muss.
Falten werden immer auf der rechten Stoffseite gelegt.
10. Verstürzen
Das Verstürzen ist eigentlich nicht nur ein Arbeitsgang, sondern beinhaltet gleich mehrere. In Nähanleitungen, die kürzer gefasst sind, fasst dieser Begriff folgende Arbeitsgänge zusammen:
Zwei Stoffteile werden rechts auf rechts aufeinandergelegt und dann zusammengenäht. Die Nahtzugabe wird schmal zurückgeschnitten.
Die Stoffteile werden gewendet und gebügelt, sodass die Nahtzugabe zwischen beiden Stofflagen liegt.
Die Kanten werden dann schmal abgesteppt.
Verstürzt werden kann sowohl mit einem Beleg als auch mit einem Schrägband erfolgen.
Vollständig verstürzter Ausschnitt. Beispiel aus dem Schnittmuster Sunny der “Wavekragen”
Noch mehr Tutorials und Anleitungen findest du unter Näh-Wissen.
Hallo Kristin,
ich muss mal ganz blöd fragen … wenn bei einem Schnittmuster ein Beleg dabei ist oder ich einen Beleg oder ein Schrägband nähe weil ich kein Bündchen mag, dann mach ich doch das gleiche wie beim verstürzen oder? Wo liegt der Unterschied zwischen Beleg und verstürzen? Oder ist verstürzen einfach nur die Machart wie man einen Beleg/Schrägband verarbeitet? Ich bin grad etwas verwirrt ^_^
LG
Manu
Hallo Manu
Einen Beleg näht man quasi verstürzt an.
Das ist der Unterschied zwischen den beiden Begriffen.
Es kommt immer darauf an, was für eine Anleitung du hast steht mal verstürzen drin und mal nicht.
Es hängt hier etwas davon ab, wie anfängertauglich die Anleitung ist. 🙂
Ich hoffe, dass ich deine Verwirrung etwas auflösen konnte.
Lg
Kristin
Super. Danke für die Aufklärung. Das macht das ganze viel klarer wenn im Schnittmuster verstürzen steht ^_^